Fachgruppensymposium im Rahmen der internationalen Jahrestagung der Gesellschaft für Musikforschung 2020/21 in Bonn:
Kopistenforschung – Bestandsaufnahme und Perspektiven
Organisation: Jens Dufner, Katrin Eich, Armin Raab
Beethoven-Haus Bonn, Kammermusiksaal, 14:00-18:30 Uhr

In nahezu allen Komponisten-Gesamtausgaben, aber auch in weiteren musikphilologisch orientierten Projekten, spielen Notenkopisten eine Rolle. Deren Funktion für die Überlieferung der Werktexte fällt je nach Epoche und Komponist sehr unterschiedlich aus. Es finden sich Kopistenbüros mit zahlreichen Schreibern, die in wechselnder Besetzung und unterschiedlicher Qualität Kopien anfertigten, ,persönliche‘ Kopisten, die eng mit einem Komponisten zusammenarbeiteten und mit dessen Schreibbesonderheiten gut vertraut waren, oder auch Musiker, die für den eigenen Gebrauch schrieben. Abschriften können Teil einer oft zeitlich und geographisch vom Komponisten weit entfernten handschriftlichen Überlieferung sein, aber auch als unmittelbar vom Autor durchgesehene und autorisierte Quellen genuiner Bestandteil des eigentlichen Kompositionsprozesses.


Je nachdem, wie viele Kopisten in der Überlieferung eine Rolle spielen, und je nach deren Autornähe oder -ferne haben gerade Gesamtausgaben-Projekte spezifische Arbeitsmethoden zur Bestimmung von Kopisten und deren Schreibeigenheiten entwickelt. So findet man zum einen etwa teils umfangreiche Schriftproben-Sammlungen oder Schreiberkarteien, zum anderen Arbeiten zur Schreiberidentifizierung mittels einer systematischen Klassifizierung von Schriftmerkmalen. Vielen Vorhaben ist gemeinsam, dass die Zuordnung von Schreiberhänden und die Bewertung der Notate von der Erfahrung und Intuition langjähriger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abhängen, mit deren Ausscheiden dieser ‚personengebundene Datenpool‘ nicht mehr oder nur noch begrenzt zur Verfügung steht.

Das Symposium dient primär dem Erfahrungsaustausch, behandelt aber auch grundsätzliche Fragen. Zunächst geht es darum, den aktuellen Stand der Kopistenforschung in verschiedenen editorisch-philologischen Projekten vergleichend darzustellen. Hier ist vor allem zu fragen, welche Rolle Kopisten beim jeweiligen (Editions-)Gegenstand spielen und wie methodisch mit ihnen umgegangen wird, welche Materialien in den Arbeitsstellen gesammelt werden, wie diese Forschungsdaten aufbereitet sind und inwieweit es Ansätze zu einer systematischen Kopistenforschung gibt. Daran anknüpfend ist ein Austausch über den Forschungsstand mit perspektivischem Ausblick erwünscht. Neben methodischen Aspekten soll dabei nicht zuletzt die Frage erörtert werden, wie sich eine stärkere Vernetzung zwischen den Projekten ermöglichen lässt und wie die bisherige Komponisten- oder projektbezogene Kopistenforschung – etwa mit Hilfe digitaler Tools – einer übergreifenden Nachnutzung zugeführt werden könnte.

Aufgrund der genannten Schwerpunktsetzungen bietet sich für das Symposium eine Konzeption in der Art eines Workshops an. Am Beginn steht ein Grundsatzreferat aus der Bach-Forschung, da gerade hier auf diesem Gebiet Pionierarbeit geleistet wurde. Im Anschluss daran wird in kurzen Impulsreferaten die Situation in Projekten aus verschiedenen Epochen präsentiert. Um den Blick über den fachlichen Rahmen hinaus zu erweitern, ist als Ergänzung der Kurzdarstellungen ein methodisches Grundsatzreferat aus dem Bereich der forensischen Schriftanalyse vorgesehen. Die Vorträge sollen in eine Diskussion münden, die Desiderata und Potentiale für künftige Forschungen und Kooperationen thematisiert und eine erste Stufe zur Vernetzung der Forschungsarbeiten sein kann.

Mit Grundsatzbeiträgen von Christine Blanken und Gudrun Bromm sowie Einzelpräsentationen durch Alexander Rausch, Annette Landgraf, Armin Raab, Eva Neumayr, Jens Dufner, Irmlind Capelle, Ralf Wehner, Armin Koch und Isabell Tentler, Johannes Behr sowie Sebastian Bolz

Hinweise zur Jahrestagung finden Sie hier.

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.